Der Beckenboden

Der Beckenboden ist ein echter Schatz. Ihn zu verstehen und sich seine Kraft zunutze zu machen, ist für jede:n ein großer Gewinn. Denn der Beckenboden ist ein komplexes System aus Muskeln und Bindegewebe, das unseren Körper nach unten hin abschließt – und dabei weit mehr leistet, als den meisten bewusst ist.

Im Alltag oft übersehen, ist er dennoch entscheidend für unser gesamtes Wohlbefinden: Er bildet buchstäblich unser Fundament. Der Beckenboden sorgt für unsere aufrechte Haltung, unterstützt beim Heben und Tragen, verschließt unsere Körperöffnungen und spielt eine zentrale Rolle für Kontinenz und Sexualität.

Damit er all diese Aufgaben erfüllen kann, muss die Beckenbodenmuskulatur sich anspannen, entspannen und auch reflektorisch reagieren können. Ein gesunder Beckenboden ist ein Kraftzentrum – physisch wie psychisch.

Es lohnt sich also, dieser „fundamentalen“ Körperregion frühzeitig Aufmerksamkeit zu schenken – nicht erst, wenn Beschwerden auftreten.

Inhalt:

Anatomie und Funktion des Beckenbodens bei Frauen und Männern

Der Beckenboden und sein Fundament

Um den Beckenboden zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf das knöcherne Becken – den sogenannten Beckenring. Es handelt sich dabei um eine ellipsenförmige Struktur im unteren Bereich unseres Rumpfes. Vorne befindet sich das Schambein mit der Symphyse in der Mitte, einer faserknorpeligen Verbindung. Seitlich liegen die Beckenschaufeln, hinten das Kreuzbein und das Steißbein. Zwischen diesen Punkten ist der Beckenboden aufgehängt.

Auch wenn der Begriff "Beckenboden" eine flache Struktur suggeriert, gleicht er eher einer nach unten gewölbten Schale. Im Idealfall ist er stark und zugleich elastisch – vergleichbar mit einem Trampolin.

Der Zustand des Beckenbodens hat Auswirkungen auf den gesamten Körper: Ist er zu schwach oder zu verspannt, kann sich das auf Haltung, Atmung, Bewegung und sogar das emotionale Erleben auswirken. Umgekehrt beeinflussen Haltung und Atmung auch den Beckenboden. Zwei einfache Beispiele: Atme ich flach, bewegen sich mein Zwerchfell und der Beckenboden kaum. Stehe ich mit durchgedrückten Knien, ist mein gesamter Körper – inklusive Beckenboden – eher angespannt.

Gemeinsame Aufgaben des Beckenbodens

Ob weiblich oder männlich: Der Beckenboden erfüllt grundlegende Aufgaben für unseren Körper:

  • Er schließt den Rumpf nach unten ab und hält die inneren Organe wie Blase und Darm an ihrem Platz.
  • Er kontrolliert die Ausscheidungsvorgänge von Blase und Darm.
  • Gemeinsam mit der Bauch- und Rückenmuskulatur ermöglicht er unsere aufrechte Haltung und den aufrechten Gang.
  • Er spielt eine bedeutende Rolle für das sexuelle Erleben und die Lust.

Der weibliche Beckenboden: Besonderheiten

Anatomie: Der weibliche Beckenboden ist an die biologischen Anforderungen von Schwangerschaft und Geburt angepasst. Er besteht zu einem größeren Teil aus Bindegewebe, das sich mit jeder Geburt vermehrt – denn Muskelfasern können sich in Bindegewebe umwandeln. Im Gegensatz zu Muskulatur ist Bindegewebe kaum trainierbar; es regeneriert sich hauptsächlich durch Zeit und hormonelle Prozesse.

Das weibliche Becken ist weiter gebaut, mit einem stumpferen Schambeinwinkel, um den Durchtritt des kindlichen Kopfes bei der Geburt zu ermöglichen. Die Beckenbodenmuskulatur muss deshalb eine größere Fläche überspannen und drei Öffnungen umschließen: Harnröhre, Vagina und Anus – eine deutlich größere Herausforderung für Kraft und Elastizität.

Darüber hinaus reagiert der weibliche Beckenboden auf hormonelle Veränderungen im Menstruationszyklus. Besonders während der Menstruation und zum Eisprung hin ist er spürbar weicher und weniger stabil.

Funktion: Der Beckenboden hält bei der Frau nicht nur Blase und Darm, sondern auch die Gebärmutter sowie während der Schwangerschaft das heranwachsende Kind. Er ermöglicht die vaginale Geburt und ist wesentlich an der sexuellen Lust beteiligt – über die Schwellkörperstrukturen in und um die Klitoris und die vordere Vaginalwand. Gerade in Schwangerschaft und Rückbildung wird er besonders gefordert.

Wichtig zu wissen:
- die Vagina und der Beckenboden werden stark durch bestimmte Sportarten z. B. beim Trampolin springen oder durch falsches Ausführen von Bewegungen belastet
- Geburtsverletzungen / Narben können das Training oder die Wahrnehmung erschweren

Der männliche Beckenboden: Besonderheiten

Anatomie: Beim Mann ist der Beckenboden kompakter, da das knöcherne Becken enger gebaut ist. Er umschließt nur zwei Öffnungen: Harnröhre und Anus. Männliche Beckenböden bestehen aus weniger Bindegewebe und enthalten eher kräftige, funktionell ausgeprägte Muskeln.

Funktion: Der männliche Beckenboden spielt eine zentrale Rolle bei der Erektion und Ejakulation. Durch gezieltes Anspannen wird der Blutrückfluss reduziert und der Druck in den Schwellkörpern erhöht. Auch nach Prostataoperationen ist der Beckenboden für die Kontinenz entscheidend. Eine gut trainierte Beckenbodenmuskulatur hilft dabei, Inkontinenz zu verhindern und die Funktion der Prostata zu unterstützen.

Der Beckenboden – ob weiblich oder männlich – ist also weit mehr als ein "muskulärer Boden": Er ist ein dynamisches Kraftzentrum, das Haltung, Atmung, Sexualität und Wohlbefinden miteinander verbindet.

Weiblicher und männlicher Beckenboden

Symptome einer Beckenbodenschwäche

Das häufigste Anzeichen für eine Beckenbodenschwäche ist die Inkontinenz – meist in Form einer Harninkontinenz. Besonders verbreitet ist die sogenannte Belastungsinkontinenz: Beim Niesen, Husten oder Lachen – also bei plötzlichem Druck auf die Blase – kann der Urin nicht mehr zuverlässig zurückgehalten werden. Während Frauen besonders nach Geburten oder in den Wechseljahren betroffen sind, tritt diese Form der Inkontinenz bei Männern häufig nach einer Prostataoperation auf, etwa im Rahmen einer Prostatektomie.

Deutlich seltener ist die Inkontinenz des Darms, dennoch kann auch sie als Folge einer geschwächten Beckenbodenmuskulatur auftreten.

Bei Frauen kann es infolge einer Beckenbodenschwäche zu einer Senkung der Gebärmutter oder einem Vorfall der Scheide kommen. Auch eine Blasen- oder Darmsenkung ist möglich – Letzteres kann in Einzelfällen auch Männer betreffen.

Ein geschwächter Beckenboden beeinflusst zudem die Körperhaltung: Viele Betroffene zeigen eine zusammengesunkene Haltung, was zu chronischen Rückenschmerzen – insbesondere im Bereich der Lendenwirbelsäule – führen kann.

Auch beim Sex kann eine Beckenbodenschwäche zu Beschwerden führen. Frauen erleben häufig einen Verlust an Empfindung oder das Gefühl, die Vagina sei „zu weit“ – ein Hinweis auf eine erschlaffte Beckenbodenmuskulatur. Das sogenannte „Lost Penis Syndrom“ beschreibt eine Situation, in der weder Frau noch Mann beim Geschlechtsverkehr viel spüren. Bei Männern wiederum kann eine Beckenbodenschwäche mit Erektionsstörungen oder verminderter sexueller Empfindung einhergehen.

Ursachen für Beckenbodenprobleme

Die Gründe für Beckenbodenprobleme sind vielseitig und betreffen Frauen wie Männer. Häufig sind sie das Ergebnis von Belastungen, die über längere Zeit auf die Strukturen im Becken wirken oder durch plötzliche Ereignisse ausgelöst werden.

Bei beiden Geschlechtern zählen folgende Faktoren zu den häufigsten Auslösern:

  • Eine schlechte Körperhaltung oder ein überwiegend sitzender Lebensstil ohne ausreichenden Bewegungsausgleich schwächen langfristig die Haltefunktion des Beckenbodens.
  • Körperliche Belastungen – etwa durch schwere körperliche Arbeit, falsches Heben oder ungünstige Bewegungsmuster bei bestimmten Sportarten – können die Muskulatur überfordern oder Fehlspannungen erzeugen.
  • Operationen oder Unfälle, bei denen die Muskulatur oder das Nervengewebe im Beckenbereich verletzt oder gereizt wurde, wirken sich direkt auf die Funktion des Beckenbodens aus. Dazu zählen bei Männern insbesondere Eingriffe an der Prostata.
  • Übergewicht führt zu einer chronischen Überlastung des Beckenbodens, da das zusätzliche Körpergewicht dauerhaft auf das Halte- und Stützsystem einwirkt.
  • Chronischer Husten – etwa bei Atemwegserkrankungen wie Asthma oder COPD – erhöht dauerhaft den intraabdominalen Druck und belastet den Beckenboden jedes Mal beim Hustenstoß.
  • Verstopfung oder starkes Pressen beim Stuhlgang kann ebenfalls zu einer Überlastung und langfristigen Schwächung des Beckenbodens führen.
  • Auch eine genetische Bindegewebsschwäche kann die Stabilität des Beckenbodens beeinträchtigen und die Anfälligkeit für Senkungen oder Inkontinenz erhöhen.

Bei Frauen kommen zudem geschlechtsspezifische Ursachen hinzu:

  • Schwangerschaft und Geburt sind natürliche, aber körperlich sehr fordernde Prozesse. Die Dehnung und Belastung des Beckenbodens während dieser Zeit kann zu Schwächen oder Funktionsveränderungen führen, insbesondere wenn keine gezielte Rückbildung erfolgt.
  • In den Wechseljahren verändern sich durch den sinkenden Östrogenspiegel Gewebequalität und Muskelspannung. Diese hormonellen Umstellungen können den Beckenboden zusätzlich schwächen – häufig schleichend und zunächst unbemerkt.

Was ist Beckenbodentraining?

Ein effektives Beckenbodentraining beginnt mit dem bewussten Wahrnehmen und differenzierten Spüren der beteiligten Muskelgruppen. Denn nur was wir im eigenen Körper wahrnehmen können, können wir auch gezielt ansprechen und trainieren.

Eine ganzheitliche Beckenbodentherapie sollte individuell auf die jeweiligen Beschwerden und den Schweregrad abgestimmt sein. Sie umfasst gezielte Übungen, die sowohl die Anatomie und Physiologie von Frauen als auch von Männern berücksichtigen.

Dabei muss Beckenbodentraining nicht ausschließlich aus aktiven Muskelübungen bestehen: Auch passive Stimulation durch geeignete Hilfsmittel kann das Training wirksam unterstützen. Diese Art des Trainings lässt sich diskret in den Alltag integrieren – unauffällig, angenehm und zugleich sinnlich.

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Das Ergebnis eines konsequenten Beckenbodentrainings kann sich sehen und spüren lassen: eine aufrechte, gesunde Körperhaltung, Linderung oder Vorbeugung von Rückenschmerzen, stabile Kontinenz, gesunde Beckenorgane und eine lebendige Sexualität.

Gerade Männer profitieren zudem von einer verbesserten Erektionsfähigkeit und Potenz durch die Aktivierung und Stärkung der Muskulatur rund um die Prostata. Und nicht zuletzt hat ein starker Beckenboden oft auch positive Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein: Haltung, Auftreten und Ausstrahlung verändern sich spür- und sichtbar.

Der Beckenboden und die Psyche – eine tiefere Verbindung

Der Beckenboden liegt im Zentrum unseres Körpers – und wirkt ebenso zentral auf unser seelisches Gleichgewicht. Ein geschwächter oder überlasteter Beckenboden kann das emotionale Wohlbefinden stark beeinflussen. Beschwerden wie Inkontinenz, ein Druckgefühl oder Organsenkungen führen bei vielen Betroffenen zu Scham, Unsicherheit und einem Rückzug aus sportlichen oder sozialen Aktivitäten. Auch das sexuelle Erleben kann beeinträchtigt sein – durch Schmerzen, Lustlosigkeit oder das Vermeiden von Intimität –, was wiederum Beziehungen belastet und das Selbstbild schwächt.

Dabei beeinflusst die Funktion des Beckenbodens auch unsere Körperhaltung: Ist die Muskulatur zu schwach, fällt es schwer, sich aufrecht zu halten. Eine zusammengesunkene Haltung verändert aber nicht nur die Stimmung – sie wirkt sich auch darauf aus, wie wir von anderen Menschen wahrgenommen werden: weniger präsent, weniger kraftvoll. Körperhaltung ist immer auch Ausdruck der inneren Verfassung – und umgekehrt.

Auch in die andere Richtung zeigt sich der Zusammenhang deutlich: Anhaltender Stress, Angst oder traumatische Erfahrungen setzen sich häufig körperlich im Beckenboden fest. Eine chronisch erhöhte Muskelspannung kann zu Beschwerden wie Vaginismus, Analkrampf oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr führen. Der Beckenboden ist nicht nur eine muskuläre Struktur – er speichert auch emotionale Spannungen und reagiert sensibel auf seelische Belastungen.

Ein bewusster Umgang mit dem Beckenboden wirkt sich daher in vielerlei Hinsicht positiv aus. Wer regelmäßig trainiert, fördert nicht nur die körperliche Funktion, sondern auch das Vertrauen in den eigenen Körper. Das Training stärkt die innere Stabilität, verbessert das Körpergefühl und kann zu einem gestärkten Selbstbewusstsein führen – körperlich wie emotional. So wird der Beckenboden zur inneren Kraftquelle.

In der Yogalehre ist dieser Zusammenhang seit jeher bekannt: Das erste Chakra, das sogenannte Wurzelchakra (Muladhara), befindet sich im Bereich des Beckenbodens. Es steht für Urvertrauen, Erdung, Lebensenergie und Sicherheit. Eine bewusste Arbeit mit diesem Energiezentrum – sei es durch Atem, Bewegung oder Meditation – kann nicht nur körperliche Funktionen stabilisieren, sondern auch das seelische Gleichgewicht fördern und das Gefühl stärken, im eigenen Leben wirklich verankert zu sein.

Fachleute für den Beckenboden

Du kannst mit deinen Beckenbodenthemen zu diversen Fachleuten gehen:

Ärztliche Praxen

  • Gynäkolog:in
  • Uro-Gynäkolog:in
  • Proktolog:in
  • Kolo-Proktolog:in
  • Urolog:in

Je nachdem, welches deine Beschwerde ist. Mit gynäkologischen Themen wie Fremdkörpergefühl in der Vagina, Druck nach unten, Harninkontinenz bist du in der gynäkologischen und uro-gynäkologischen Praxis richtig, mit Harninkontinenz, auch mit Prostataproblemen führt dich dein Weg in die urologische Praxis. Wenn dein Problem eher mit der Verdauung zu tun hat, solltest du die proktologische oder kolo-proktologische Praxis aufsuchen.

Körpertherapeutische Praxen

  • Physiotherapie, hier besonders Mitarbeitende, die Fortbildungen bei der AG GGUP (Therapeutenliste) absolviert haben
  • Osteopathie
  • Hebammen
  • evtl. Heilpraktiker:innen

Zu den Hebammen gehst du mit Beckenbodenproblemen im Rahmen von Schwangerschaft und nach der Geburt, auch dabei und bei allen anderen Fällen suchst du Hilfe bei den anderen aufgezählten Möglichkeiten.

 

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